Donnerstag, 2. Oktober 2008

Spuren der Vergangenheit

Es ist immer wieder beunruhigend, welche Beschäftigung ich in der Lage bin zu finden, nur um geistig anstrengende Arbeit weiter auf die lange Bank schieben zu können. Wenn gar nichts mehr hilft, schütze ich einen Putzanfall vor. So geschehen dieser Tage, als ich mich in der Not über mein Badezimmer hermachte.

Ich entsorgte Kosmetika im Wert eines mittleren Monatsgehalts. Keine Ahnung, welcher Teufel mich einst geritten hatte, Bauchmasken zu kaufen. Damals hatte ich noch gar keinen Bauch, zumindest keinen, der nach chemischen Eingriffen verlangt hätte. Die Sachets waren von einer hauchzarten Patina überzogen, genauso wie die Sachets, in denen irgendwelche Pads gegen Stirnfalten luftdicht verpackt vor sich hin litten. Ich liege nie in der Sonne, verfügte aber über Sonnenschutzmittel und After-Sun-Klumpert, von dem – wenn das Zeug noch nicht gestunken hätte – eine mitgliederstarke Girlie-Band lange hätte profitieren können.

Und dann entdeckte ich im letzten Winkel eines Regals tatsächlich ein paar gewellte Haarnadeln. Ich kam mir vor wie eine Archäologin, die einen Wikingerschatz birgt. Die Dinger hatten wohl genauso lange vergessen im Schrank gelegen, wie mein Kopf gebraucht hatte, um den Großteil seiner Haare zu verlieren. In grauer Vorzeit, als mein Gesicht noch jung war und auf meiner Nase nicht ständig eine Brille hing, hielten die Dinger meine Haare gelegentlich hoch gesteckt. Vermutlich zerstört die Natur den Hormonhaushalt und die Haare einer alternden Mascha zum Wohle der Allgemeinheit, um dieser den Anblick einer ältlichen Gouvernante zu ersparen.

Quasi als falsch verstandene ausgleichende Gerechtigkeit sprießen Haare oder besser gesagt Borsten an Stellen, an denen man darauf verzichten könnte. Zum Beispiel aus meinem farblosen Muttermal am Kinn, das einmal ein klassischer Schönheitsfleck war und wie ein unsichtbares Band der Freundschaft zwischen Eva Maria Klinger und mir wehte.

Ich werde mein Badezimmer künftig monatlich entrümpeln, um nicht an bessere Zeiten erinnert zu werden. Denn glücklich ist ja angeblich, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist. Nicht, dass ich irgendwann über Zahnseide stolpere und …

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