Mittwoch, 8. Oktober 2008

Nackte Tatsachen

Heute hatte ich einen guten Morgen. Keinen von der Sorte, die mit pelziger Zunge und schwerem Schädel beginnen. Wobei mich meine altersbedingte Vernunft zunehmend vor diesem Zustand bewahrt, da mir die darauf folgende mindestens dreitägige Rekonvaleszenz ein zu hoher Preis geworden ist für inhaltsloses Gequatsche und Gekichere sowie weinselige Verbrüderung mit Menschen, deren IQ numerisch nicht selten unter dem Preis von vier weißen Spritzern liegt. An diesem heutigen guten Morgen begrüßte mich an meiner Kaffeemaschine ein Sonnenstrahl und trieb mich hinaus zu einem Morgenspaziergang auf den Naschmarkt, bevor die zu erwartenden Wolken den Rest des Tages grau werden lassen könnten.

Vor acht Uhr früh stolpert man hier über keine Touristen, die die Gänge des Marktes in Viererreihen (nebeneinander!) verstopfen und über keine Ritualisten, die grüppchenweise mit dem obligaten Weinglas in der Hand dieselbe hemmende Wirkung auf ein Fortkommen haben. Am Morgen begrüßt mich auf dem Platzl Nadja, während sie ihre Zuckerstreuer auf den Tischen positioniert wie Zinnsoldaten. Der Sushi-Meister von Kojiro rollt seine Karre freundlich lächelnd durch die Gegend, und Arbeitstier Georg Ruziczka schleppt Kartons von Flaschen exzellenten Inhalts, der ab dem späten Vormittag von Touristen wie Ritualisten sukzessive vernichtet wird.

An fast jedem Morgen eines Werktages, egal ob es ein guter oder schlechter Morgen ist, finde ich dann ab neun Uhr die gewohnten e-mails befreundeter Schreibtischtäter: Sprüche, Witze, Bilder zum Tage, wie in rot und gold getauchte Herbstlandschaften verpackt in Vivaldi, Palin´s latest Schwachsinnsrülpser und Aufnahmen textilfreier Jünglinge, deren in Öl gebeizte Oberkörper und Lenden mich im besten Fall an Grillgut erinnern. Meisterin im Jingele-Verteilen ist meine liebe Sylvia, eine gestandene Unternehmerin, die geschätzte dreißig Jahre geackert hat wie ein Pferd und noch genug Power hat, um elektronisch Jingele an ihre Liebsten zu verteilen.

Ich persönlich habe nie verstanden, was Männer an den nach ihnen benannten Magazinen respektive am Begucken der darin entblätterten weiblichen Körpern finden, auch wenn ich mich niemals aktiv an dem Aufschrei über die Entwürdigung der Frau beteiligt habe. So liegt es mir auch fern, über die Entwürdigung der Jingele zu räsonieren. Aber ich frage mich schon, was es einer Schwester 40+ bringt, dieses Grillgut zu betrachten. Distributionswunder Sylvia meint, sie wolle ja nichts von den Jungs, aber man gehe doch auch ins Museum, um sich Bilder oder etwas Nettes anzusehen. Van Gogh, um ein aktuelles Beispiel zu nennen, dreht sich wohl in Auvers-sur-Oise um die eigene Achse oder schnippselt vor Verzweiflung am zweiten Ohr rum.

Ich persönlich bekomme statt Sabber ja Muttergefühle oder gar Mitleid, wenn ich so ein armes Wesen hingestreckt sehe. Erotik bedinge sich, formulierte meine körperlich wie geistig sehr aktive Tonja so trefflich, durch die A-n-d-e-u-t-u-n-g. Andeutung war noch nie Olgas Sache, wahrscheinlich kann sie daher meine Sinnsuche nicht nachvollziehen. Um nicht als klimakterisches Monster durchzugehen, erklärte sie letztens ihre Begeisterung für entsprechende Aufnahmen etwas lauter als notwendig damit, dass das ja nur „was für die Augen ist und nicht für die Hände“. Das stimmt mich dann doch nachdenklich. Wenn ich das juvenile Muskelgewebe anziehend fände, würde ich alles daran setzen, um es mir tatsächlich zu krallen. Unabhängig von meinem eigenen Alter. Wie ja schon Contessa J. schrieb, hätten auch ältere Semester große Anziehungskraft auf manche junge Gesellen (Von denen etliche, wie die Contessa aus ihrem Gewerbe plauderte, für eine überwutzelte Bettgespielin auch ganz ordentlich blechen würden). Womit das Thema Fleischbeschau bist auf Weiteres Mysterium bleiben muss.

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