Donnerstag, 1. Dezember 2011

Alter schützt vor Zorres nicht


„Die müssen alle glauben, ich bin der Überflieger im Bett!“, ächzte Mischa in der Eisernen Zeit, „dabei bin ich bestenfalls Durchschnitt.“ Das Busenwunder, das mir just in diesem Augenblick in dem Naschmarktbeisl mein kleines Gulasch vor den Latz knallte, tat so, als hätte es nichts gehört, verlor aber sichtlich im selben Moment das Interesse an dem agilen Junggebliebenen, der mehr Adorantinnen hat als die meisten seiner Altersgenossen Zähne.

 „Ach, das bildest du dir ein, Mischa, erklärte ich meinem Lieblingskumpel, tunkte eine Semmelzehe in den Gulaschsaft und dozierte: Es gibt einfach keine vernünftigen Männer mehr in unserem Alter, da liegt die Latte nicht mehr so hoch, unsere Ansprüche müssen einfach sinken.“ Ich rechne es Mischa hoch an, dass er ob dieser Aussage nicht in allgemein verständlicher Entrüstung seinen Spritzer über mein wehes Knie ergoss. „Okay, ich kann zumindest mit Messer und Gabel essen“, überlegte Mischa laut, „und bin auch ganz repräsentabel“. Ich stimmte ihm zu, während der Paprika in meiner Kehle kratzte. Was ihn vor allem erschreckte, waren eindeutige Angebote jüngerer Frauen, die im Endspurt ihrer Fruchtbarkeit dahinhetzten. Schon allein die theoretische Vorstellung einer neuen Vaterschaft trieb ihm den Schweiß auf die Stirn.

In der Tat schützt Alter wie auch Wechsel nicht vor dem Thema. „Du siehst schwanger aus“, hörte ich in der letzten Zeit öfter von meinen hinreißenden Freundinnen. Dass  ich einfach nur fett war, daran wollte wohl keine glauben. Als irgendwann irgendwelche Resthormone, die wohl die Abfahrt ins klimakterische Nirvana verpasst hatten, in mir fröhliche Urständ´ feierten, meldete sich in mir die Vorsicht als Mutter nicht nur der sprichwörtlichen Porzellankiste, sondern auch jeglicher Zorrersvermeidung. Das Wort „Wechselbalg“ gehörte zu den schönsten Wörtern meiner verblichenen Jungend und so beschloss ich, sicherheitshalber einen Schwangerschaftstest zu machen und trabte zu diesem Behufe in den Drogeriemarkt.

Das erste Hindernis bestand darin, dass ich meine Lesebrille nicht bei mir hatte und kaum die Erläuterungen auf den ostzonal wirkenden Pappschachteln entziffern konnte. Ich hoffte, dass mich niemand aus meinem Grätzel dort sah und wenn doch, dann im Zweifel hoffentlich annehmen würde, ich sinnierte über die Duftnoten der angebotenen Massageöle. Möglichst unauffälig übte ich Schärfeeinstellung durch Armlängendifferenz und stand vor Hindernis Nummer Zwei. „Sofortinfo VOR Ausbleiben der Mensis“ stand da sowie „Sofortinfo NACH Ausbleiben der Mensis“. Welche der beiden Schachteln war jetzt ideal für eine Frau, die sich zwar noch an ihre letzte Regelschmerzen erinnern kann, aber nicht mehr weiß, in welchem Jahr sie diese quälten? Ich empfehle daher der zuständigen Industrie dringend Information in großer Leseschrift: SOFORTINFO FÜR FRAUEN OHNE MENSIS. In einem Anfall von Leichtsinn oder besser übertriebener Vorsicht erstand ich beide Tests und war dem Zweierteam dankbar für seine Diagnose: Du bist einfach fett, Mascha.