Sonntag, 8. Februar 2009

Selbst ist die Frau

Gitte hat wieder ein Arbeitszimmer zur ausschließlich eigenen Verfügung und ein neues Esszimmer, in dem sie uns Schwestern hoffentlich bald in Prosecco ersäufen wird. Neid! Dem luxuriösen Raumgewinn war kein Umzug inklusive exorbitanter Mehrkosten vorausgegangen, sondern schlicht und ergreifend der Auszug des erwachsenen Sohnemannes. Zumindest Gitte hat jetzt sturmfreie Bude, während ich noch auf Jahre werden buckeln müssen, um zum Internetanschluss in meinem ehemaligen Arbeitszimmer zu gelangen. Denn hier residiert jetzt das Monster, und dieses sieht meine Besuche als unliebsames Eindringen in sein Revier, während sich die Spuren seiner Existenz wie eine Spur der Verwüstung durch die ganze Wohnung ziehen. Wir halten derzeit bei fünf leeren Latella- und Milchpackungen in drei Räumen sowie 4 Paar Socken ebendort.

Eine sturmfreie Bude, meinte Gitte, gehört renoviert, und so machte sie sich an Parkettboden und Wände. Tapfer ackerte sie Tage lang und erschien leicht erschöpft und sehr grantig zur Weiberrunde am Naschmarkt. Grantig deshalb, weil das Männchen in ihrem Leben (ein Internet-Fang, frau erinnere sich) für die Dauer der Renovierung einen großen Bogen um ihre Wohnung gemacht hatte. Ursprünglich hatte er sich auf unaufschiebbare Termine ausgeredet, war dann aber nach Auffliegen der Nichtigkeit derselben zur „Ehrlichkeit“ gezwungen worden, die da lautete: Null Bock auf Helfen.

Steffi meinte, sie hätte an seiner Stelle auch nicht mitgeholfen. Der Knabe hatte angekündigt, möglichst bald mit Gitte in eine gemeinsame Bleibe ziehen zu wollen, und was für einen Schlag in die männliche sensible Magengrube müsste es denn bedeuten, wenn Gitte jetzt ihr eigenes Nest aufmöbelt. Klassischer Fall von Psychologie für Arme steirischer Provenienz. Der Knabe ist im Medienbiz und sollte Kommunikation beherrschen und nicht entfernte Schwestern interpretieren lassen. Es ist allerdings offensichtlich, dass Männer nicht mehr das sind, was sie einmal zumindest vorgaben zu sein. Welches Testosteronwunder der Postmoderne hätte es sich nehmen lassen, mit Hilti und Co bei der Liebsten aufzukreuzen und schwitzend und mit bebendem Bizeps für Ordnung zu sorgen. Testosteron verpflichtete früher mal, genauso wie die inzwischen entschwundenen Östrogene. Wir haben als Gegenleistung ein bisschen mit den Wimpern geklimpert, uns an die schwitzende Schulter gelehnt und Gulasch gekocht. Tempi passati, und das ist eigentlich gut so. Denn viele Schwestern könnten heute nicht mehr klimpern. Ich persönlich habe auch wenig Bock darauf, Bierflaschen zu schleppen und eine schweißnasse Schulter, wie fleißig sie auch sein mag, lässt mich im besten Fall würgen.

Gitte ist inzwischen dabei, die Vorhänge durchzuwaschen und ihre Bücher wieder in die Regale zu wuchten. Sie ist niemandem zu Dank verpflichtet und muss auch nicht den nächsten Ägyptenurlaub eines Professionisten finanzieren. Eigentlich alles wunderbar. Bei den nächsten Besuchen des one and only muss sie sich auch nicht anhören, wie toll er das nicht alles hingekriegt hat. Und sie kann sich überlegen, ob sie klimpert oder nicht. Eben je nach Tagesverfassung.

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