Mittwoch, 18. Februar 2009

Eine haarige Angelegenheit

Ewig nicht beim Friseur und trotzdem kein Nachwuchs zu sehen? Regelmäßig fasziniert betrachtete ich in den letzten Monaten meinen dünnen Scheitel, bis ich draufkam, dass meine Haare nicht endgültig ihr Wachstum aufgegeben haben, sondern nur jedes dritte beschlossen hat, vor lauter Kummer weiß zu werden. Und der Unterschied zwischen einem weißen Haar und einem gemèchten ist auf den ersten Blick gleich null.

Die Hochglanzmagazine, die extra für uns Mädels 40+ produziert werden, zeigen einem ja regelmäßig, wie edel chice grau- oder weißhaarige Schwestern aussehen; also dachte ich mir, ich sag den Wasserstoff-Strähnchen adé und steh´ zu meinen weißen Federn. Außerdem würden sich die Restfedern auf meinem Schädel vielleicht mit mehr Spannkraft (Ich bin eindeutig werbegeschädigt.) oder Wachstum bei mir bedanken, wenn ich ihnen die Chemiekeule erspare. Dachte ich. Ich habe die Rechnung ohne meinen Hinterkopf gemacht, wo noch immer alles mitteleuropäisch-undefiniert-mausbraun ist. Jetzt hatte ich die Wahl, als Glückskatze durchs Leben zu gehen (unten weißblond, hinten arschbraun und oben undefiniert-weiß) oder noch mal Wasserstoffperoxyds Nachfolger ranzulassen. Ich entschied mich für Letzteres und ließ heute nach langem wieder einmal aus meinem Kopf einen lamettabehängten Weihnachtsbaum machen.

Ob der Monate langen Absenz hatte ich total vergessen, in welche Depression mich ein Friseurbesuch traditionell stürzt. Bis auf die wirklichen Omas 70+ unter den Kundinnen haben alle mehr Haare als ich. Bis auf ganz wenige Ausnahmen, nämlich die Schwangeren, sind in dem Nobelsalon alle schlanker als ich. Aus den Hochglanzmagazinen, die sie einem vorsetzen, damit man nicht unruhig wird, springen einem lauter schöne oder zumindest fotogene Schwestern 15+ entgegen und tolle Fetzen, die aber nur auf einer Kleiderpuppe Gr. 34 gut aussehen. Der Stuhl, in den man mich verfrachtete, war unbequem und ließ mein Steißbein jaulen. Der Bund schnürte mir den Unterbauch zusammen, während der Oberbauch über den Jeans heraus quoll. Mir wurde zusehends übel. Ganz erfangen hab ich mich immer noch nicht.

Ist es das Schicksal einer Frau 40+, deren Hormonhaushalt sich zum Exil entschlossen hat, als birnenförmiges Monster zu enden? Muss auf ihrem Bauch ständig der Abdruck des Hosenknopfes zu sehen sein, wenn sie sich auszieht? Hat jede Frau 40+ in High-Heels Schmerzen, weil sich die Flossen unter dem Gewicht der Schwester zu Senkfüßen verbiegen? Ist es von höheren Mächten gewollt, dass der BH am Rücken von Fettwülsten eingerahmt wird? Fragen über Fragen, wie so oft.

Ich erinnere mich an meinen 40. Geburtstag, an dem ich optimistisch beschloss, es noch einmal wissen zu wollen. Fettverbrennung durch Training am Ergometer nahm ich mir vor, die Verbannung von Kohlenhydraten von meinem Speißeplan, exzessiven Einsatz sämtlicher chemischer Waffen der kosmetischen Industrie, Zusatzernährung und Vitamine bis zum Abwinken. Dann würde es über kurz oder lang vollbracht sein: Zwar nicht mehr jung und nicht mehr faltenfrei, aber doch wieder beweglich und mit lockerem Bund durchs Leben gehen zu können. Ich wollte, ich hätte eine tolle Ausrede, warum daraus dann doch nichts wurde, aber falls ich jemals eine hatte, habe ich sie inzwischen vergessen.

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