Samstag, 12. Juli 2008

Macht Erfahrung dumm?

„Wenn der Alte wüsste, dass ich jetzt mit meinen Freundinnen zu Mittag esse und nicht mit dem angeblich wichtigen Geschäftspartner, wäre zu Hause Feuer am Dach“, quetschte Lilly zwischen gepressten Lippen hervor, als sie in slow motion eine vor Salbeibutter triefende Teigtasche auf ihre Gabel spießte. Wahrscheinlich stellte sie sich dabei bildlich vor, wie sie aus ihrem Ehemann Schaschlik macht. Nach dessen Ansicht verschwendete sie nämlich in diesem Augenblick sinnlos ihre Zeit.

Nobody is perfect, heißt es, aber Lilly schrammt daran wirklich nur knapp vorbei. Perfekte Figur, perfektes Outfit, perfekte Mähne, perfekte Geschäftsfrau, perfektes Aussehen trotz 40++, trotzdem kein perfektes Leben.

Warum geraten selbst mit allen Wassern des Lebens gewaschene Schwestern von 40+ bis 40∞ in ihren Partnerschaften regelmäßig in Erklärungsnotstand, warum müssen sie sich ständig rechtfertigen? Mit Diskutieren oder Argumentieren kommt man erfahrungsgemäß nicht weit. Man zerstört durch Stunden langes Haare Raufen bloß seine Frisur, und durch das Heulen sind Augen-Make-up und sämtliche Schleimhäute im Eimer. Nicht zu reden von der Stimme, die durch das im Endeffekt sinnlose Kreischen plus einer Extraportion Rotwein noch drei Tage später nach einer schweren Angina klingt.

In ihrer Not und des Alltagsfriedens willen holt die eine oder andere Schwester dann ein altes Mittel hervor, dass zumindest vor dreißig oder vierzig Jahren ganz ordentlich funktionierte – die Lüge. Warum sollte nicht auch heute wieder klappen, was vor Jahrzehnten im konservativen und unter einem Haufen gesellschaftlich akzeptierter Lügengerüste ächzenden Nachkriegselternhaus so gut funktioniert hatte! Mir persönlich ist die Lüge als Fluchthelferin allerdings zu anstrengend, weil ich logorrhoisch veranlagt bin und weder Lust noch Zeit habe, vor jedem Satz die Matrix möglicher Fallen durchzuchecken.

Steffi, mein heiß geliebter, da völlig vertrottelter Dauersingle, hat inzwischen auch so etwas wie einen Begleiter „gefunden“ respektive sich eingetreten. Und nach der ersten Verliebtheit mussten wir doch tatsächlichen für unseren nachmittäglichen Prosecco eine neue Tränke am Naschmarkt ausfindig machen, wo sie dann – offiziell noch in der Redaktion - in Ruhe mit mir quatschen konnte, ohne dass the one and only mit breitem Grinsen auftauchte und die Inhalte unserer Gespräche segensreich umlenkte.

Ich persönlich hing ja lange Zeit dem Irrglauben nach, dass der Typ Mann „Ich-weiß-wer-oder-was-für-dich-gut-und-wichtig-ist-und-werde-auch-nicht-müde-es-dir-regelmäßig-mitzuteilen-ob-du-es-nun-hören-willst-oder-nicht“ vor allem in Beziehungen mit entsprechendem Altersunterschied häufig vertreten ist: „Mädchen, jetzt hör mal zu, wovon meine grauen Schläfen (Später: „… meine kahlen Schläfen… “) dir erzählen können.“ Weit gefehlt!
„Ich habe wegen Ricardo viele alte Freunde fallen gelassen, er mochte sie nicht. Und ich war es bald Leid, immer erklären zu müssen, warum ich mit wem wohin gehe“, erklärte mir kürzlich im Zustand der Gnade eine gut bestallte Unternehmerin i.R., die ihrem neuen Italo-Lover bei der Realisierung seiner Enoteca wohl ganz hilfreich unter die stark behaarten Arme gegriffen hatte. Ich griff umgehend nach der Grappa-Flasche auf dem Tisch und schenkte mir prophylaktisch einen Doppelten ein, denn die Vorstellung, dass ich in zwanzig Jahren noch einmal so blöd sein könnte wie schon einmal vor 20 Jahren, und wenn auch nur rein theoretisch, verursachte mir Schwindel und Übelkeit. Beides hält bis heute an.

1 Kommentare:

likepax hat gesagt…

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