Sonntag, 20. Juli 2008

Aus Alt mach Neu

Ich muss gestehen, ich habe den Namen Brigitte Nielsen seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr gehört. Sie ist mir auch nicht wirklich abgegangen, weil ich keine Verfilmung der deutschen Heldensagen plane oder ein günstiges Testimonial für Damenschuhe ab Größe 45 suche.

Völlig unerwartet begegnete mir Frau Nielsen heute in nicht nur der sprichwörtlichen alten Pracht wieder. Regen, Regen, Regen am Sonntag in Wien. Todesmutig zappe ich durch sämtliche Sender, mit Tennissocken an den auf das Sofa gebetteten Füßen, um Frostbeulchen zu verhindern. Herbsteinbruch Mitte Juli! Und da ist sie plötzlich – auf RTL: “Aus Alt mach Neu – Brigitte Nielsen in der Promi Beauty Klinik“.

Ich würge, und mir fällt ein Bissen TK-Pizza aus dem Mund. Was bringt diese arme Seele dazu, ihre Fettrollen, Wabbelschenkel, eine Mundhöhle, die einem Friedhof gleichen soll sowie angeblich 18 Jahre alte Brustimplantate in noch etliche Jahrzehnte älterer Haut vor laufender Kamera zu präsentieren? Mir wird auch regelmäßig schlecht, wenn ich meinen alternden Körper im Spiegel betrachte, doch darf mir dabei kein Mann zusehen, geschweige denn ein TV-Redakteur im Dienst. Die Not, denke ich mir, es kann nur die bittere Not sein, die Frau Nielsen treibt. Internet sei Dank, lerne ich soeben von oe24.at, dass RTL den Spaß bezahlt. Nun gut, dann muss Gitte wohl in den sauren Apfel der absoluten Demütigung beißen.

Eines vorweg: Ich gestehe Frau Nielsen wie jeder Schwester alle Fettabsaugungen dieser Welt zu, auch die zwei XXL-Portionen Silikon, die Paradontitis-Behandlung sowieso. Natürlich sei ihr auch das Face-Lifting und was da sonst noch alles im Wert von 66.000 Euro passiert sein soll von Herzen gegönnt. Aber wird sie sich an ihrem hoffentlich geglückten Rundumservice erfreuen können (RTL lüftet den Schleier des Erfolgs oder Misserfolgs nächsten Sonntag ab 19.05, Anm.), nachdem sie zur Lachnummer des deutschsprachigen Boulevard wurde? Nicht umsonst verschwinden betroffene Schwestern in meinem Freundeskreis unauffällig in die Sommerfrische und tauchen irgendwann wieder unglaublich erholt und entspannt auf.

Unterstützung in der Demütigungs-Doku erhält Frau Nielsen von ihrer angeblich besten Freundin, Marianne Baronin Brandstetten. Selbst als chirurgischer Wurm erkenne ich, dass deren Haut von Meisterhand gedehnt wurde, zumindest dort, wo es technisch möglich ist. „Ich fühle mich, als wenn ich 30 wäre!", quietscht sie ins Mikrofon. In Österreich hätte sie wahrscheinlich gute Chancen auf die Pflegestufe 1.

Zapp sei Undank erlebte ich heute auch die ORF-Informationssendung Wien-Heute. Ich gestehe gerne Wissenslücken ein, doch: Seit wann um Himmels Willen ist Madeleine Petrovic (!) Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins? Das lässt mich ehrlich nicht kalt. Die streitbare Politikerin auf den Spuren von Lucie Loubé. Ich versuche, mir die neue Präsidentin in Pink vorzustellen. Gelingt (noch) nicht.

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