Dienstag, 13. Januar 2009

Männchenparade

Olga, mein Paradiesvogel, ist quasi verschollen. Wenn ich sie normalerweise nicht mindestens jeden dritten Tag anrufe, um zu fragen, wie es ihr denn gehe, zweifelt sie an meiner ungebrochenen Liebe und Zuneigung. Da ich ein Telefonmuffel geworden bin und den Smalltalk über Kabel mit zunehmendem Alter verlernt habe, und da sich an meinem Leben im Wochen- oder Monatsrhythmus sowieso nichts ändert geschweige denn Berichtenswertes passiert, entstehen dadurch immer wieder dramatische Prüfungen unserer Frauenfreundschaft. Letzte Woche trug es sich zu, dass ich tatsächlich einmal aktiv dachte, wie es Olga wohl gehen mochte, da ich eine gefühlte Ewigkeit nichts von ihr gehört hatte.

Als Freundin des SMS, über das sich relevante Informationen wie etwa zur Tränke, an der man sich zum Prosecco Trinken und Quatschen treffen würde, ohne Umschweife transportieren lassen, schrieb ich ihr: „Alles OK bei dir? Geht’s dir gut?“ Da Olga schon längst der Altersweitsichtigkeit zum Opfer gefallen ist, aber um nichts in der Welt ihr hübsches Gesicht mit einem Brillengestell verunstalten würde, hinterließ sie nichts Schriftliches, sondern einen nächtlichen Monolog auf meiner Mailbox, Quintessenz: Alles dulli, man hört sich.

Am nächsten Tag erhielt ich eine Einladung zum Dinner bei befreundeten Kochfreaks. Die anderen Gäste würden unter anderen Olga und ihr NEUER FREUND sein. Ahhaaa!!! Rätsel gelöst. Abgesehen davon, dass ich mich schon frage, aus welcher Wolke der Knabe so plötzlich vom Himmel gefallen sein mag, ist hiermit der Beweis erbracht, dass auch alternde Schwestern plötzlich abtauchen können, wenn ein Wesen mit gesundem Testosteronhaushalt ihre Umlaufbahn durchbricht.

Da ich Olga noch nicht leibhaftig gesprochen habe, vermute ich ungeschützt, der Knabe ist das Resultat eines geglückten Anbandelversuches über eine dieser Online-Partnervermittlungen, bei der sich Olga mutig registriert hatte. Daran hatte ich schon nicht mehr geglaubt. „Du musst mich retten!“, flüsterte Olga im alten Jahr durchs Telefon. „Ruf mich in fünf Minuten an und eis mich hier los“, flehte sie fast. Ich vermutete, sie saß auf dem Klo, auf das ihr ihr Online-Date nicht folgen konnte, da es dort hallte wie in einer schrottreifen Raumstation. Natürlich tat ich wie geheißen.

Bei einem ihrer ersten Dates, das über dieses Partnerdingsbums zustande gekommen war, hatte ich sie noch begleitet. Ich wollte mich sicherheitshalber eine halbe Stunde am anderen Ende der Bar im Procacci positionieren, um Olga zu retten, falls der Knabe aussah wie ein Frauenmörder oder Finanzbeamter. Olga bestand darauf, ich sollte neben ihr sitzen. Und das war gut so. Sonst hätte sie sich in der Stunde, in der das Männchen nicht und nicht auftauchte, wohl schrecklich gelangweilt. „Ich glaube, der ist jetzt gerade vorbeigegangen“, murmelte Olga nach der ersten halben Stunde, da sie den Knaben vom Foto her ja kannte. Ich sah nur noch seinen Rücken in einer Nato-Jacke und wusste, Nerz und Dschungelgrün waren nicht kompatibel. „Der Laden ist mir zu stressig“, simmste das grüne Männchen eine halbe Stunde später und ward nie mehr gesehen.

Freundin Gitte, die ihren Vorleser (Vergleiche „Das kleine und das große Glück“) auch glücklich anbringen konnte, ist ebenfalls wieder in den sprichwörtlich festen Händen. Dank einer Online-Partnervermittlung. Wobei erst zu beweisen sein wird, inwieweit Dank wirklich angesagt ist. Dass die toughe Journalistin sich da online ein Alpha-Tierchen eingetreten hatte, war beim Treff am Naschmarkt schnell klar. Bevor noch eine Diskussion zu einem Nullthema wirklich in Gang gekommen war, erklärte Alphamännchen: „Lieb haben und nicht Recht haben!“ Das Jahr 2009 wird spannend, ich spür´s.

1 Kommentare:

Michael Eisenriegler hat gesagt…

Da sieht man wieder, wofür Partnerbörsen gut sind. Das mit den Töpfen und den Deckeln funktioniert halt doch...

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