Sonntag, 14. Dezember 2008

Fermete Lifting und Vogel Strauss-Politik

Ein berüchtigtes Vorzimmerkarzinom in meiner ehemaligen Redaktion war vor vielen Jahren regelmäßig kurz davor, mir ihren spitzen Brieföffner in den Rücken zu wuchten, wenn ich über ein, zwei Kilo zu viel jammerte, während sie wechselbedingt „aufging wie ein Germteig“. Für mein Gewicht von damals plus fünf Kilo wäre ich heute bereit zu töten. Ehrlich. Wenn ich damals, quasi in hormonell guten Zeiten, mit tollen Frauen zusammen saß, die ein paar Jahre mehr am Busen hatten als ich, meinte ich als damals Unbeteiligte in den Gesprächen, Falten wären doch ein positives Zeichen dafür, dass man gelebt hätte. Falten würden nicht alt machen, sondern im Gegenteil nur interessant. Ich erntete dafür meist dankbare Blicke. Wenn mir das heute ein straffes Mädchen sagen würde, würde ich ihr eine knallen. Befürchte ich.

Astrid, selbst ernanntes Landei 40+, mailte mir nach Lektüre der "Chemischen Experimente..." und der Vorstellung meiner ledrigen Hand : „Die Erkenntnis, dass ALLES anders (und definitiv nicht besser) aussieht, als man es Jahre lang gewohnt ist, ist wahrhaftig ein Schlag in die Magengrube. Besonders betroffen von dieser Einsicht: hängende, nachwippende Oberarme, Längsfalten am Dekollete, Bauchfett, wo früher einfach nichts war. Und die Haut - schauder - das ist nicht meine!“ Und weiter: „Was tun? Auf innere Werte verlegen? Vielleicht zu spät - bin nicht Florence Nightingale und auch nicht Marie Curie. Nur mehr im sanften Dämmerlicht erscheinen? Vogel Strauß-Politik erscheint als einziger realistischer Weg...!“

„Auch die Oberarme brauchen Pflege!“, zischte mir die super attraktive, super gepflegte Verkäuferin in meiner Stammparfumerie irgendwann einmal zu – in einem Ton, als würde sie mir verbotene Suchtmittel anbieten. Ich starrte sie völlig entgeistert an. Fermete Lifting für den Arsch, für die Schenkel, für den Busen, den Bauch - jetzt auch noch für die Oberarme? Wenn ich für jeden alternden Körperteil einen Alchemisten beschäftige, arbeite ich doch nur noch für die chemische Industrie – sofern mir bei all dem Schmieren überhaupt noch Zeit bleibt zu arbeiten. Aber vielleicht sollte ich es mal auf einen Selbstversuch ankommen lassen? Ein Jammertal.

Um aber auf Astrid zurück zu kommen – was tun? Selbst im sanften Dämmerlicht wirft mein Arsch Schatten, ist also als Lösungsansatz nicht wirklich zu gebrauchen. Vogel Strauß-Politik im Sinne von Ignorieren ist wohl die logische Konsequenz. Wobei diese allerdings auch bedeuten würde, sich mit dem Phänomen des Alterns, seinen Begleiterscheinungen und der letztendlichen Konsequenz des Ablaufdatums nicht auseinander zu setzen. Auseinandersetzen mit einer gehörigen Portion Selbstironie und Humor und das nicht Veränderbare hinzunehmen, darauf wird es wohl hinauslaufen. Vor allem, da ich mich als Frau nie über mein Aussehen definiert habe, besser: nicht definieren konnte. Wie Astrid so treffend schrieb: Vielleicht trifft es diejenigen Schwestern stärker, die mit einem eher ansprechenden Äußeren gesegnet waren. Waren ist der Hammer, an Grausamkeit nicht zu überbieten.“

1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Testkommentar !!!

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